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IKT in Kroatien: im jüngsten Mitgliedstaat bereits gut aufgestellt

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30 September 2013 European Commission, CORDIS

Das jüngste Mitglied der Europäischen Union ist bereits Akteur in der europäischen Forschung. Kroatien ist in FuE sehr aktiv, was sich an seiner relativ hohen Beteiligung an den europäischen Forschungsrahmenprogrammen erkennen lässt, wenn man seine Größe und seinen Status als Nicht-EU-Mitglied zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. In Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) befindet es sich bereits an vorderster Front und nimmt an richtungsweisenden Projekten auf dem Gebiet der Robotik und intelligenten Verkehrsinfrastruktur teil.

Am Montag, dem 1. Juli 2013, wurde Kroatien - noch vor nur zwanzig Jahren ein durch Krieg erschüttertes Land und heute eine stabile Demokratie, das die Pflichten aus einer EU-Mitgliedschaft übernehmen kann - der 28. Mitgliedstaat der Europäischen Union. Am Vorabend seines Beitritts sagte Kommissionspräsident Barroso: "Der Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union ist ein historisches Ereignis, das Land kehrt auf seinen rechtmäßigen Platz im Herzen Europas zurück."

Aus Sicht der IKT-Infrastruktur hinkt das Land hinter anderen EU-Staaten hinterher. Gegenwärtig haben nur zwei Drittel aller Haushalte einen Breitbandinternetzugang - was unter dem Durchschnitt in der restlichen EU liegt, wo er etwa drei Viertel beträgt. Wenn es um E-Government geht, erzielt Kroatien in einigen Punkten ganz gute Leistungen: die Verwendung von E-Government-Dienstleistungen für Bildung entspricht dem EU-Durchschnitt und die Transparenz von E-Government hinsichtlich persönlicher Daten sowie die Nutzbarkeit elektronischer Behördendienste durch Ausländer liegen über dem Durchschnittswert im übrigen Europa.

Kroatische IKT-Forschung

Kroatien beteiligt sich bereits seit längerem an europäischen Forschungsprogrammen und nahm insgesamt an 447 Projekten teil. Beim Fünften Rahmenprogramm (RP5) waren es noch 29 Projekte, beim RP6 schon 130 und beim Siebten Rahmenprogramm sind es jetzt 256. Kroatische Organisationen sind Partner in 25 der IKT-Projekte im Rahmen des RP7.

Insbesondere die Universität Zagreb beteiligte sich an etwa 40 % der Rahmenprogrammprojekte, bei denen kroatische Partner den Zuschlag erhielten. Gegründet im Jahr 1669, ist sie die älteste und größte Universität in Südosteuropa und erbringt mehr als 50 % der gesamten Forschungsleistungen des Landes. Auf dem Gebiet der IKT arbeitet die Fakultät Elektrotechnik und Informatik an etwa einem Fünftel der Rahmenprogrammprojekte der Universität mit, von denen viele wirklich bemerkenswert sind.

Fliegende Roboter

Bienen hüten oder mit Roboter-Schäferhunden Fische beaufsichtigen: Das hört sich nach fantastischen Ideen an, ist aber Bestandteil der Arbeiten des LARICS-Labors der Universität Zagreb, die viel versprechende Ergebnisse erzielen.

In der Natur koordinieren Bienen- und Fischschwärme ihre Bewegungen durch eine einfache Reihe von Regeln, wobei jeder seinen Nachbarn nachahmt, um komplexe, koordinierte Muster zu schaffen. Die Forscher haben bereits große Erfolge bei der Erforschung und Reproduktion dieser Regeln und Verhaltensweisen erzielt, aber das Projekt ASSISI_BF (1), da im Februar 2013 an den Start ging, eröffnet hierbei eine ganz neue Dimension.

Unter der Leitung des "Artificial Life Labs" in Graz, Österreich, will das Projektteam Roboter entwickeln, die nicht nur die soziale Sprache schwarmbildender Tiere "lernen", sondern die auch das kollektive Verhalten derartiger Gruppen beeinflussen können. Die Forscher hoffen letztendlich eine selbst-organisierende Hybridgesellschaft aus einer Mischung von Robotern und Tieren zu entwickeln. Menschliche Bediener können dann für diese Gemeinschaften Ziele aufstellen, was zu Anwendungsmöglichkeiten in nachhaltiger Landwirtschaft und der Viehwirtschaft führen könnte.

Ein Team der Universität Zagreb, einem der kroatischen Projektpartner, entwickelt die Hardware und die Software für eine "Interaktionsarena für Honigbienen" – ein anpassungsfähiger Echtzeit-"Dolmetscher" für die Sprache der Bienen. Die Forscher wollen dann mit diesem Hilfsmittel mit Bienen kommunizieren und die Merkmale nutzen, die Honigbienen-Schwärme so robust und effizient machen, und sie an ihre Hybrid-Systeme aus Robotern und Bienen anpassen.

Das Forschungslabor LARICS ist ebenfalls an dem Projekt EC-SAFEMOBIL (2) beteiligt und beschäftigt sich mit der Entwicklung von Methoden und Technologien für die genaue Einschätzung und Kontrolle von Bewegungen für unbemannte Fahrzeuge.

"Unbemannte Luftfahrzeuge", allgemeinhin als Drohnen bezeichnet, können negativ in die Schlagzeilen geraten. Aber in Verbindung mit autonomen Systemen können sie in Anwendungen, wie z. B. im Katastrophenschutz, eine wichtige Rolle spielen.

Wo Rettungs- oder Hilfseinsätze unmöglich sind oder eine große Gefahr für die Piloten darstellen, könnten autonome Roboter-Helikopter einspringen und sie unterstützen oder ersetzen - aber diese Systeme müssen zuverlässig und in der Lage sein, sich selbst ganz genau zu platzieren. Das Ziel des Projekts ist es, Fähigkeiten, wie das Landen auf mobilen Plattformen (z. B. Schiffdecks) und erweiterte Zusammenarbeit, Koordinierung und Verkehrslenkung zu entwickeln, sodass sie für die Automatisierung der industriellen Lagerhaltung oder den Verkehr verwendet werden können.

LARICS bringt sein Fachwissen auf dem Gebiet der Robotik, der intelligenten Steuerung, der flexiblen Fertigungssysteme und der unbemannten Luftfahrzeuge bei der Entwicklung "Simultaner Lokalisierung und Kartenerstellung" (Simultaneous localisation and mapping, SLAM) ein, bei denen integrierte Sensoren, dynamisches Routing und verteilte autonome Lagerhaltung und Verkehrslenkung eingesetzt werden. Daher dauert es vielleicht nicht mehr lange, bis Roboterdrohnen die Koordinierung von Katastrophenhilfe unterstützen oder zur Verwaltung der Lagerhaltung und dem Transport von Waren beitragen.

Intelligente Infrastrukturen

Die Universität ist auch an Projekten beteiligt, mit denen unsere Kommunikation, die Wasserversorgung und die Verkehrsinfrastrukturen verbessert werden sollen. Das Kommunikationsprojekt "Network of the Future" wird auf neue Technologien und Architekturen aufbauen, vor allem jedoch auf die Infrastruktur optischer Hochgeschwindigkeitsnetze. Europas führende Rolle auf dem Gebiet der optischen Netze könnte verloren gehen, wenn wir wieder zu einem unkoordinierten und vereinzelten Konzept übergehen.

Das Projekt BONE (3) nahm sich daher vor, die Zusammenarbeit, den Austausch von Forschern und die Integration von Aktivitäten und Wissen zu fördern, indem es virtuelle Exzellenzzentren errichtet und nationale Forschungsprogramme sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas miteinbezieht. Insbesondere der Fachbereich Telekommunikation der Fakultät Elektrotechnik und Informatik an der Universität Zagreb organisierte und führte Lehrveranstaltungen durch, die auf einem Master-Programm in "optischer Kommunikation und optischen Netzen" basiert, wobei auf die Arbeit des im Rahmen des RP6 eingerichteten Exzellenznetz E-PHOTON/ONE aufgebaut wird.

Das Team für "Erweiterte Steuerungen" der Fakultät war auch am Projekt URBANWATER (4) beteiligt, das eine innovative IKT-basierte Plattform für effiziente und integrierte Bewirtschaftung urbaner Wasserressourcen und -infrastrukturen entwickelt.

Nur 1 % der Erdoberfläche ist mit flüssigem Süßwasser bedeckt - der Rest ist Salzwasser oder Eis. Der Bedarf hat sich in den letzten 70 Jahren verdoppelt und es wird erwartet, dass er in den nächsten 20 Jahren nochmals um 25 % ansteigt. Da städtische Gebiete etwa 17 % des Frischwassers in der EU verbrauchen, stellt die städtische Wasserversorgung ganz klar ein wichtiges Teil des Puzzles dar.

Die Fakultät Elektrotechnik und Informatik der Universität Zagreb hat bereits in den frühen 2000er Jahren die Modernisierung des städtischen Wasserversorgungssystems in Zagreb unterstützt und bringt jetzt seine Fachkenntnisse im Projekt bei Windparks und intelligenten Stromnetzen ein. Ziel ist es, eine Plattform aufzubauen, in die Wettervorhersagen, Daten zu den Oberflächenwasserreserven und zum Verbrauch der Haushalte sowie Informationen zum Wasserdruck und -lecks einfließen. Mit hochentwickelten Messsystemen, Echtzeitverbrauchsdaten- und Bedarfsvorhersagefunktion, anpassungsfähiger Preisgestaltung und Benutzerfeedback könnte das System sogar mit Plattformen für die Energieinfrastrukturverwaltung kompatibel sein.

Intelligenter, nachhaltiger Verkehr

Wenn es darum geht, die Verkehrsinfrastruktur zu erneuern, spielen intelligente Verkehrssysteme (Intelligent Transport Systems, ITS) eine entscheidende Rolle. Der Fachbereich für ITS an der Fakultät für Verkehr- und Transportwissenschaften erforscht Architekturen, Technologien, Dienstleistungen und Hilfsmittel für fortschrittliches Verkehrs- und Transportmanagement. Der Fachbereich ist Partner im Projekt ICSI (5), das bestrebt ist, eine neue ITS-Architektur aufzubauen, die weniger zentralisiert ist als die vorherige.

Gegenwärtig gibt es bei Architekturen mit zentralisierter Steuerung häufig Probleme bei der Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur, wie z. B. einem Ausbau des Netzes oder einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens. Bei der neuen flexibleren Lösung werden Informationen für Erkennung und Antrieb auf das gesamte System verteilt, wobei dank lokaler Speicher- und Berechnungsmöglichkeiten eine Software-Plattform zum Einsatz kommt, auf der ITS-Anwendungen ausgeführt werden. Die Kommunikation mit dem Kontrollzentrum ist nur für die Aktualisierung mit aggregierten Daten aus dem Langzeitbetrieb, wie z. B. Auswertung größerer Datenmengen, oder zum Herunterladen von Software-Upgrades notwendig.

Das Projekt ROADIDEA (6) beschäftigte sich auch mit dem Innovationspotenzial des europäischen ITS-Sektors, um existierende Probleme und Engpässe bei der Datennutzung und dem Serviceaufbau zu ermitteln. Das Projektteam, zu dem der kroatisch Partner Meteo-Info gehörte, arbeitete außerdem an der Entwicklung besserer Methoden und Modelle, die in verschiedenen ITS-Serviceplattformen zum Einsatz kommen sollen.

Zu den Projektergebnissen gehören Innovationsmethoden, um Europa dabei zu unterstützen, seine Verkehrsdienste optimal zu nutzen, eine "Innovations-Wiki"-Dokumentensammlung und Pilotvorhaben, die u. a. die Studie eines statistischen Vorhersagemodells des Straßenreibwertes umfasst.

Indessen soll das Projekt MOBINCITY (7) die Reichweite und die Energieeffizienz reiner Elektrofahrzeuge mittels integriertem IKT-System optimieren, das anhand von Informationen von Fahrer, Fahrzeug und Verkehrs- oder Energieinfrastrukturen eine Routenplanung ermöglicht, bei der die Möglichkeiten zum Laden und Entladen optimiert werden.

Der Stadtverkehr ist für etwa ein Viertel der durch Verkehr verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. Daher kann der Einsatz von reinen Elektrofahrzeugen für den öffentlichen und privaten Transport in unseren Städten die aktuellen Luftverschmutzungswerte deutlich senken. Das MOBINCITY-Team, an dem das kroatische Energieinstitut "Hrvoje Požar" (EIHP) beteiligt ist, entwickelt ein System, um Fahrzeug mit Informationen über Faktoren zu versorgen, die ihre Leistung beeinflussen könnten - Verkehr, Wetter, Straßenzustand, Stromnetz usw. Die Fahrzeuge werden dann anhand dieser Informationen den Fahrern die optimale Route und Ladestrategien vorschlagen, mit denen sie die praktische Reichweite erhöhen können.

Von E-Gesundheit bis zur Cloud

Kroatien verfügt außerdem über einen aktiven privaten Sektor, der sich an der IKT-Forschung des RP7 beteiligt - und hierbei insbesondere auf dem Gebiet der Softwaresysteme. Der kroatische Anbieter von Produkten, Lösungen und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation Ericsson Nikola Tesla (ENT) kann auf ein 60-jähriges Bestehen zurückblicken und beschäftigt gegenwärtig mehr als 1600 Mitarbeiter.

Die Abteilung E-Gesundheitssysteme des Unternehmens entwickelt und wartet großangelegte und individualisierte Gesundheitsinformationssysteme und ist aktiver Partnern im Projekt UNIVERSAAL (8). Das Team hofft, der IKT-Industrie in Europa die Entwicklung und die Bereitstellung von Lösungen für "Umgebungsunterstütztes Leben" (Ambient Assisted Living, AAL) zu erleichter. Hierbei handelt es sich um Software und Hardware, die die Lebensqualität älterer Bürger verbessern.

Ältere Menschen benötigen häufig Unterstützung beim Erhalt ihrer Unabhängigkeit, Autonomie und sogar ihrer Gesundheit. Im Zuge der Alterung der Bevölkerung Europas benötigen immer mehr Bürger mehr Unterstützung dieser Art. AAL-Technologien nutzen IKT, um eine Lösung bereitzustellen. AAL-Anwendungen machen es möglich, dass ältere Menschen länger in ihrer vertrauten Umgebung leben können, da sie ihre Autonomie und Mobilität erhöhen. Außerdem sollen sie die Sicherheit verbessern, soziale Ausgrenzung verhindern und eine bessere und gesündere Lebensweise fördern.

Das Projekt entwickelt eine offene, standardisierte Plattform und Spezifikation, die es AAL-Dienstleistern ermöglicht, ihre Dienstleistungen schneller und kostengünstiger aufzubauen. Das Team will außerdem Softwaretools entwickeln, mit denen sich die Entwicklungskosten weiter senken lassen und der AAL-Mark ausgebaut werden kann, indem es einen Anwendungs-Shop, den sogenannten uStor, anbietet. Hier können Entwickler, Dienstleister und Endbenutzer AAL-Anwendungen anbieten und erwerben.

ENT ist ebenfalls am Projekt CLOUDSCALE (9) beteiligt, das Kunden von Cloud-Comupting unterstützt und hierfür skalierbare und kostengünstige Anwendungen entwirft. CLOUDSCALE entwickelt Tools und Methoden, mit denen sich Probleme der Skalierbarkeit durch die Analyse von Code ermitteln lassen. Dadurch können Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS) und Platform-as-a-Service (PaaS) ihre Software auf Skalierbarkeit auslegen und Probleme mit der Skalierbarkeit in existierenden Anwendungen beheben. Das ENT-Team ist hauptsächlich für die Erfassung der Anforderungen, die Vorbereitung von Anwendungsfällen und die Validierung der Ergebnisse zuständig.

Über die Landesgrenzen hinaus

Kroatien ist auch in Projekten aktiv, welche die regionale oder transnationale Zusammenarbeit – insbesondere in den westlichen Balkanregionen - fördern. Zu diesen Projekten gehören "Boosting EU-Western Balkan countries research collaboration in the monitoring and control area" ( BALCON) und "Western Balkan countries Inco-Net support in the field of ICT" ( WINS-ICT).

Kroatische Organisationen sind auch wertvolle Bindeglieder in internationalen Forschungsnetzen, wie z. B. in dem Projekt "Multi-gigabit European research and education network and associated services" ( GN3) oder "International cooperative action on grid computing and biomedical informatics between the European Union, Latin America, the Western Balkans and North Africa" ( ACTION-GRID).

Mit einer derartigen Erfolgsbilanz stehen die Zeichen gut, dass Kroatien seine regionale Führungsrolle und aktive Teilnahme an den Forschungsbemühungen der EU auf dem Gebiet der IKT weiter ausbaut.

http://cordis.europa.eu/fetch?CALLER=OFFR_TM_DE&ACTION=D&RCN=11668

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